Gedachtes & Gebrühtes - Kolumne 07
Von frischem Kaffee und analogem Schreiben! Und bloß keine Politik!
Moin.
Stellt euch Folgendes vor: Ihr sitzt gemütlich am Tisch, draußen ist es noch dunkel, und der Kaffee, Tee oder was auch immer ihr morgens genießt, hat genau die richtige Trinktemperatur. Alles ist ruhig – beinahe! Die Heizung ist an und rauscht. Ihr stellt sie nur ein bisschen niedriger und dann WOW – STILLE! Jetzt ist es erst richtig ruhig. Ich finde, dass dieser Moment wie eine Massage für den Gehörgang ist, findet ihr nicht auch? Gleiches denke ich jedes Mal im Auto, wenn man die Lüftung von der dritten auf die erste Stufe runtersetzt – plötzlich hört man die Musik wieder normal.
Naja, das dazu.
Wie geht's euch, abgesehen davon, dass heute Wahltag ist? Glaube, in den 18 Jahren, die ich jetzt schon wählen darf, gab es nie eine stressigere Wahlphase. Und genau deshalb ist das hier auch nicht Thema!
Was war die Woche los?
Ganz stolz kann ich hiermit verkünden, dass ich jeden Abend analog in mein schwarzes Leuchtturm1917-Notizheft geschrieben habe. Aufgeschrieben habe ich Dinge, die mir den Tag über durch den Kopf gingen. Ich habe mir auch, gemäß Vorbild Peter McKinnon (YouTuber im Bereich Video-/Fotografie), zwei Seiten zum Aufzeichnen meiner Gewohnheiten erstellt. Und nun frage ich mich, ob ich mir das nur einbilde oder ob es tatsächlich so ist: Die ganze Woche bin ich total entspannt ins Bett gegangen und sofort eingeschlafen. Keine wirren Gedanken, keine Ideen oder Pläne, die mich beschäftigen. Keine fünf Minuten, und ich war weg! Jeden Abend – und nicht ein Schluck Alkohol im Spiel.
Bilde ich mir das ein, oder geht es euch analogen Schreibern auch so? „Schreiber“ ist auch kein geiles Wort – was sagt ihr? Meine, vor Kurzem noch eine gute Alternative hier gelesen zu haben, aber da hatte ich noch kein Notizheft zum Verewigen.
Highlight der Woche
Am Freitagabend haben Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre eine Vorlesung in der Glocke Bremen gehalten. Für mich war es die erste Vorlesung überhaupt. Womöglich auch meine letzte. Nicht wegen der Autoren, nein, nein. Denen hätte ich sicher noch zwei Stunden länger zuhören können. Irgendwie war es einfach nicht meine Welt. Glaube ich – ich weiß nämlich nicht, wie so etwas abläuft. Die Frage, die sich mir stellt:
Darf man das Buch vorab schon gelesen haben?
Hatte ich nämlich. Zwar fand ich die vorgelesenen Kapitel unterhaltsam, weil man es ja selbst doch ganz anders liest irgendwie, aber die Stellen, in denen einfach losgelabert wurde, so zwischendrin, fand ich viel besser. Das hätte ich mir stundenlang anhören können. Zwei wirklich lustige, stilvolle Typen (beide im Anzug – Martin Suter hat einfach Stil!).
Die Menschen um mich herum (bei 95 % hätte ich geschworen, es sind Lehrer oder Erzieher – rein optisch aus meiner nicht-abstellbaren Vorurteils-Brille, allerdings gar nicht abwertend gemeint) aber haben teilweise lauthals gelacht, als wäre die Pointe ganz neu. Aber auch an Stellen, wo für mein Empfinden einfach gerade gar nichts Lustiges vorgelesen wurde. Hätte ich das Buch vorab nicht lesen dürfen? Bin ich nicht Fan genug?
Oder wie geht das?
Mein Platz war aber auch scheiße. Vor mir ein Paar, etwas größer als ich. Hatte dann was von Bayern-Zelt bei dem Hin- und Hergeschunkel.
Und OBWOHL ich mich da nicht so richtig wohlgefühlt habe, fand ich die Menschen gleichzeitig total toll. Alle waren nett, höflich, zuvorkommend, gut gelaunt. Wie in einer Scheinwelt, in der man noch Wert auf Respekt & Anstand legt.
Lehrer sind eben anders cool.
Wie läuft mein Instagame?
Der angekündigte Einbruch der Zahlen ist gekommen – nur Krypto-Kurse sind volatiler als meine Reichweiten-Zahlen. Die Zahl der erreichten Konten ist um 87,3 % eingebrochen. WTF!
Gleichzeitig steigt die Zahl meiner Follower gestiegen. Da kann man mal sehen, wie bescheuert das Ganze ist. Wenn ich finanziell davon abhängig wäre, würde ich wahnsinnig werden.
Bin ich aber nicht, und deshalb sehe ich das total locker. Dachte nur, so ein Mini-Einblick ist vielleicht mal ganz interessant.
Habe noch einiges an Content im Petto, teile mir das aber gut auf. Ich mach da eben mein Ding, unabhängig von den Zahlen.
Outfit der Woche
Geht hier dieses Mal weniger um das Outfit, vielmehr um den Grund, warum ich zweimal im Jahr nach Florenz zur Pitti Uomo, der weltweit größten/wichtigsten Herrenmodemesse, fahre. Die Bilder geben die Stimmung auf dem Gelände wunderbar wieder. Alle Männer (auch Frauen) sind unglaublich gut angezogen, weltoffen und freundlich. Ich lerne jedes Mal neue modeinteressierte Menschen kennen, und über die Jahre entstehen dabei gute Freundschaften. Nicht die intimsten Freundschaften, das ist klar – aber wie schön ist es, wenn man weltweit vernetzt ist und die Möglichkeit hat, sich mit Freunden auf ein Käffchen oder Bierchen zu treffen, wenn man zufällig in Paris, New York, Lima, Toronto, Tokyo oder was weiß ich wo ist.
Boah, freue ich mich jetzt schon auf Juni.
Kaffee der Woche
Das tägliche Schreiben hat mir nicht nur Entspannung gebracht, sondern auch mehr Freude an Kaffee. Jeden Morgen schreibe ich mit, wie ich meinen Kaffee zubereite, wie ich ihn geschmacklich empfinde und was sich durch Änderungen im Mahlgrad oder der Menge oder der Filtermethode ändert. Das macht total Spaß.
Meine Bestellung aus Paris ist auch angekommen. 4 × 200 g sehr teurer Kaffee mit Ursprung in Nicaragua, Äthiopien und Costa Rica (Thi theñor!).
Geöffnet habe ich den Agua Sarca aus Nueva Segovia in Nicaragua. Dieser Kaffee ist ein anaerober Natural. Bedeutet: erst fermentiert, dann ungewaschen von der Sonne getrocknet und dann erst gewaschen. Auf diese Weise zieht sich die Bohne verschiedenste Aromen aus dem Fruchtfleisch, je nachdem, welche Eigenschaften der Boden der Region zu bieten hat. Der Kaffee hat laut Beschreibung Geschmacksnoten von Kakao, Blaubeere und Zitrone.
Schon die Gerüche der Bohnen aus der Packung und der frisch gemahlenen Bohnen sind unglaublich fruchtig. Beim Aufgießen wird das noch viel intensiver!
Geschmacklich schmecke ich Profi natürlich keine der beschriebenen Noten. Was ich aber herausschmecken kann, sind die angenehme Säure und die sehr fruchtigen Aromen. Auch überhaupt nichts Bitteres dabei, und eventuell habe ich beim letzten Mal sogar ansatzweise das Gefühl von Zitrone im Abgang gehabt.
Aber vielleicht ist auch das nur eine Hoffnung/Einbildung.
Danke, ihr Lieben!